Biologe verlangt Umdenken in der Landwirtschaft
Vortrag über Insekten fordert mehr „Bio“ in Landwirtschaft, Garten und beim Essen
Prof. Dr. Thomas Wagner wird konkret in seinen Forderungen zum Schutz der Insekten und fordert mehr biologischen Landbau.
Rund 100 Menschen drängten sich im Studio des Selterser Stadthauses, um einem Vortrag von Prof. Dr. Thomas Wagner über Insekten zuzuhören. Für einige Besucher blieben nur noch Sitzkissen am Boden oder Stehplätze übrig. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Zoologie an der Universität Koblenz-Landau, sprach in Selters auf Einladung des Forum Selters.
- Prof. Wagner sendet intensive Appelle an Politik und Privatpersonen
Wagners Untersuchungen zeigten, dass im konventionellen Obstanbau viel weniger Käfer zu finden sind als in Naturschutzgebieten. Er präsentierte den erstaunten Besuchern den umfangreichen Spritzplan von Obstbauern und wies auf die Gefährlichkeit langanhaltender Gifte hin, die sich in der ganzen Pflanze verteilen, wie zum Beispiel der Wirkstoff Thiacloprid, der im Handelsprodukt Calypso enthalten ist. Der Biologe warf der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor, dass sie nicht wisse, was sie tue, wenn sie nur die Großbauern und die konventionelle Landwirtschaft unterstütze, sich aber nicht für Biobauern einsetze. „Die aktuelle Form der Landwirtschaft ist ein Kampf gegen die Natur“, resümierte der Wissenschaftler. Er zeigte Bilder von überdüngten und vergifteten Wiesen auf denen ein natürlicher Bewuchs nie mehr möglich sei. Die einzige Chance, dem zu entgehen sieht Wagner im Umsatteln auf biologischen Anbau. Aber auch mit den privaten Gartenbesitzern ging der Zoologe ins Gericht, zeigte Bilder von „modernen Gartensünden“, wie Stein- und Koniferenwüsten und riet dazu, niemals Kirschlorbeer zu pflanzen weil er giftige Blausäure produziere: „Da ist eine Betonmauer noch sinnvoller, weil darauf irgendwann wenigstens Moose anwachsen“. Mit Sätzen wie: „jeder Garten habe das Potential zu einem Gemüsegarten“, machte der Biologe Mut, das eigene Verhalten zu überdenken. Er riet zu heimischen Pflanzen, besonders zum Natternkopf, empfahl, eigene Hühner zu halten und lieber einmal im Monat ein gutes Biohuhn zu essen, als täglich ein „Schmodderhuhn“ aus der industriellen Massentierhaltung. „Wer dem Laub mit dem Laubsauger zu Leibe rückt, saugt auch unzählig viele Käfer ein und hat hinterher einen Sack voller Leichen“, sagte Wagner. Und immer wieder appellierte er: „Esst mehr Bio!“ Diesen Appell unterstützte die unter den Besuchern anwesende Antonia Aller. Ihr Familienhof, der Wiesenhof in Maxsain, stellt sich gerade auf Bio um. Sie berichtete, dass es in ganz Rheinland-Pfalz keine Molkerei für Biomilch gebe und nur das Kaufverhalten der Menschen den Markt ändern könne.
Der Biologe machte deutlich, wie bedeutend Insekten für das Leben auf der Erde sind: „Jede dritte Tierart ist ein Insekt und jede vierte Tierart ist ein Käfer“. Fasse man nur die Termiten zusammen, brächten sie mit 60 Mio. Tonnen die gleiche Biomasse auf die Waage, wie die gesamte Menschheit. Er erklärte, dass der Überlebenserfolg und die große Diversität der Käfer auch darin liege, dass sie in der Lage seien, sich in Holz zu nagen und so vor Feinden schützen könnten.
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