Vokalmusik durch Zeiten und Stimmungen hindurch

Ensemble Canti-Ko begeisterte in Selters


Das Ensemble Canti-Ko bewies in Selters Vielseitigkeit und Stilsicherheit

Das Ensemble Canti-Ko sang Chormusik aus vier Jahrhunderten in der Selterser Stadthausmatinèe-Reihe. Wegen der besseren Akustik für Vokalmusik war man in die Evangelischen Kirche ausgewichen. Canti-Ko, das sind: Birgit Braun, Susanne Werle, Alexander Schalk, Joachim Fox und Peter Hachmann.


Peter Hachmann (vorne)

Die Matinée begann mit Volksliedern, wie „Der Mai ist gekommen“ und „Wenn alle Brünnlein fließen“, teils in alten und teils in modernen Sätzen. Ob derartige Volkslieder mit ihren Textpassagen vom „herzallerliebsten Mädel“ noch in die heutige Zeit passen, hatte Ensemblemitglied Peter Hachmann die künstliche Intelligenz „Chat GPT“ gefragt. Er las die verquaste Antwort vor und meinte: „Wir haben uns entschieden, die Lieder zu singen, machen Sie sich selbst ein Bild“. Zwischen den meist bekannten Volksliedern sang Canti-Ko Stücke aus dem 16. Jahrhundert: Frühlingslieder von Thomas Morley und das melancholische, bittersüße Liebeslied „Come Again“ von John Dowland, Lieder, die zu ihrer Zeit an den Fürstenhöfen weit bekannt waren, man könnte fast von „Renaissance-Schlagern“ sprechen.


Susanne Werle

Am Höhepunkt des Konzertes setzte die Sängerinnen und Sänger auf zwei musikalisch sehr kontemplative Werke aus Barockopern des Londoner Komponisten Henry Purcell. In „Hush no more“ wird die Stille besungen. Pausen bestimmen die Musik. „In diesen Passagen hören Sie nur den Raumklang der Kirche“, sagt Sänger Joachim Fox. Der eindrückliche Gesang und die Stille übertrugen sich auf das Publikum: Es applaudierte an dieser Stelle nicht und ließ die Musik – oder besser die Stille – wirken. Ähnlich tiefgehend erklang „With Drooping Wings“ von Purcell, in dem Engel besungen werden, die niemals von einem Grabe weichen.


Birgit Braun

Im zweiten Teil unterhielt Canti-Ko mit jazzigeren Werken und humorvollen Liedern, wie „Ich habe am Anzug viele Taschen“ und „Herberts blaue Augen“ von Georg Kreisler in einem Satz des Ensemblemitglieds Joachim Fox. In einem Renaissance-Lied von Erasmus Widmann wird eine Ratten- und Mäuseplage besungen, während im Publikum Zuckerschaummäuse verteilt wurden. Auf Mäusen kauend und grinsend lauschten die Gäste den Worten „Die Maus muss sterben und verderben“.

Joachim Fox

Mit einem lang anhaltenden Applaus bedankten sich die Gäste beim Ensemble. Canti-Ko zeigte sehr eindrücklich, dass es sich in allen Genres und Musikepochen bewegen kann: von der Renaissance bis zum Jazz, vom Volkslied über das Opernlied bis zum kaberettistischen Unterhaltungslied der 50er-Jahre. Das Ensemble meisterte gekonnt die musikalisch offenen Stellen in „Die Nachtigall“ von Mendelssohn, die intensiv zurückhaltende Musik von Purcell, den vollen Chorklang, aber auch die fröhlichen Lieder und die Jazzharmonien.


Alexander Schalk